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Im Blickpunkt: Gefängnisseelsorge an der JVA Köln mit Gebet, Abendmahl, Segen und Musik

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In unserer diesjährigen Sommerreihe „Im Blickpunkt“ stellen wir verschiedene Angebote und Einrichtungen vor, die zur Vielfalt und Besonderheit im Bereich des Evangelischen Kirchenverbands Köln und Region beitragen: das Segensbüro, das Schulreferat Köln und Region und das Referat für Berufskollegs beim Evangelischen Kirchenverband Köln und Region, die Evangelische Familienbildungsstätte, das Jugendreferat Köln und Region, die Gefängnisseelsorge, die Melanchthon-Akademie und die Antoniter Siedlungsgesellschaft mbH (ASG) im Evangelischen Kirchenverband Köln und Region (EKV).

Die Seelsorge an der Justizvollzugsanstalt (JVA) Köln ist für rund 1.200 inhaftierte Frauen und Männer in Köln-Ossendorf zuständig. Viele Gefangene sind offen für religiöse Fragen und Themen, auch wenn sie keine Erfahrungen mit der Kirche gemacht haben.

Seelsorger und Seelsorgerinnen gehen als Vertreter*innen der Kirchen in die Gefängnisse. Sie sind geschickt unter dem Wort Jesu: „Ich bin gefangen gewesen und ihr habt mich besucht” (Matthäus 25, 36). Nach christlichem Menschenbild verliert kein Mensch seine von Gott geschenkte Würde. Gott gibt jedem Menschen jederzeit die Möglichkeit, einen anderen Weg einzuschlagen, umzukehren, ein Leben ohne Straftaten zu führen.

Artikel 4 des Grundgesetzes zur Religionsausübung und entsprechende Teile der Strafvollzugsgesetze der jeweiligen Bundesländer sind die gesetzliche Grundlage für die Arbeit evangelischer und katholischer Gefängnisseelsorger/innen. Sie sind sowohl für die Gefangenen als auch für die Bediensteten seelsorgerisch tätig. Sie unterliegen der Schweigepflicht.

Ein Interview mit Pfarrerin Melissa Schüller, Gefängnis-Seelsorgerin in der Justizvollzugsanstalt Ossendorf:

Wie sind Sie dazu gekommen, in der Gefängnisseelsorge tätig zu werden?

Melissa Schüller: In die Gefängnisseelsorge kam ich durch ein Praktikum im Vikariat. Meine jetzige Kollegin Claudia Malzahn ermöglichte es mir, zwei Wochen in der JVA Köln mitzulaufen. Ich habe gemerkt: Die Arbeit ergibt Sinn und ich kann das tun. Also bin ich im Probedienst wiedergekommen und geblieben.

Welche Bedeutung haben die Themen Religion und Spiritualität für die Gefangenen, die Sie betreuen, auch wenn sie keine Erfahrungen mit der Kirche gemacht haben?

Melissa Schüller: Die religiösen Prägungen und die Spiritualität von Gefangenen sind sehr vielfältig. Eine pauschale Antwort kann es da nicht geben. Im Knast trifft man praktisch auf alle Religionen und Intensitäten – von Pfarrpersonen bis zu Atheisten (was sich manchmal auch nicht ausschließt). Die Aufgabe der Gefängnisseelsorge ist es eher auf diese Unterschiedlichkeiten einzugehen und den christlichen Glauben in angemessener Form ins Gespräch zu bringen. Wir haben Bibeln in verschiedenen Sprachen für Gefangene. Ein Buch in der Muttersprache auf Zelle zu haben, das schon Menschen in den verschiedensten schwierigen Zeiten Kraft gegeben hat, wird in der Isolation besonders wahrgenommen.

Inwiefern hilft die Gefängnisseelsorge den Inhaftierten bei der Suche nach neuen Lebensperspektiven und der Resozialisierung?

Melissa Schüller: Die Inhaftierung ist für viele Gefangene eine echte Krise. Das Leben wird von heute auf morgen völlig auf den Kopf gestellt. Die Seelsorge bietet an, gemeinsam einmal auf das Leben zu schauen und das eigene Handeln zu reflektieren. Im Gespräch entstehen bestenfalls neue Perspektiven für ein Leben nach der Haft. Das Seelsorgegeheimnis ist dabei ein echter Schatz. In einem System, in dem nahezu alles überwacht wird und den Gefangenen oftmals anwaltlich zu schweigen geraten wird, bietet die Seelsorge einen Raum offen sprechen zu können. Dieser gesetzlich verbriefte Schutz von Pfarrpersonen ist einmalig und wird von allen Inhaftierten, nicht nur den christlichen, hochgeschätzt.

Welche Angebote gibt es bei der Gefängnisseelsorge?

Melissa Schüller: Hauptsächlich bieten wir Einzelgespräche an. Daneben gibt es auch Gesprächsgruppen, eine Gruppe, in der wir mit Gefangenen die Gottesdienste vorbereiten, und andere Angebote, wie christliches Yoga und eine Gruppe, die besonders auf Eltern in Haft eingeht. Durch die evangelische und katholische Seelsorge zusammen werden wöchentlich fünf Gottesdienste angeboten. Sie finden samstags und sonntags statt. So kann allen Gefangenen zweiwöchentlich die Teilnahme an einem Gottesdienst ermöglicht werden. Gottesdienste, die mit Gefangenen vorbereitet werden, bringen Themen authentisch zur Sprache. Gebet, Abendmahl, Segen und Musik werden auch ohne Sprachkenntnisse erfahrbar. Außerdem vermitteln wir Besuche durch Ehrenamtliche und stellen unsere Arbeit auch außerhalb der Gefängnismauern, beispielsweise in Schulen und Konfi-Kursen oder anderen interessierten Gruppen vor.

Welche Herausforderungen und Erfolge erleben Sie bei Ihrer Arbeit in der Gefängnisseelsorge?

Melissa Schüller: Im „System Gefängnis“ zu arbeiten, ist zeitweise sehr herausfordernd. Dinge, die draußen selbstverständlich sind, wie beispielsweise die Beteiligung wechselnder Musiker*innen am Gottesdienst oder das Mitbringen und Verteilen von Material (zum Basteln o.ä.), bedarf im Knast einer Genehmigung, die nicht immer erteilt wird. Trotzdem bemühen wir uns, stetig Freiräume in Knastalltag zu schaffen. Wenn wir im Kirchgarten – ob mit einer Gruppe oder nur mit einzelnen Gefangenen – bei einer Tasse Kaffee für kurze Zeit die Mauern vergessen, dann ist das ein Erfolg. Wenn wir dazu beitragen konnten, dass Gefangene aus einer akuten Krise herausfinden, dann ist auch das ein Erfolg.

Text: APK
Foto(s): Melissa Schüller

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