Der Sieger des Realisierungswettbewerbs „Neubau Cafédrale Immanuel – Ein Begegnungsort für Gott und die Welt“ in Köln-Longerich steht fest. Das Preisgericht entschied sich unter acht Teilnehmern für den Entwurf des Kölner Büros Kaspar Kraemer Architekten. Alle Wettbewerbsbeiträge sind noch bis Donnerstag, 9. Oktober, in der Immanuelkirche ausgestellt. Informiert wird zudem über den Anlass des Projekts, das zugrundeliegende Gesamtkonzept und die Bauaufgabe.

Einleitend erfahren Interessierte unter dem Titel „Besonderheiten der Bauaufgabe“, dass das Projekt Ausdruck eines tiefgreifenden Transformationsprozesses sei. „Aus einer ehemals rein kirchlichen Nutzung soll ein offenes, quartiersbezogenes Ensemble entstehen, das geistliche, soziale und wohnbezogene Funktionen miteinander verbindet.“ Die Cafédrale Immanuel vereine bewusst die Begriffe Café und Kathedrale. Sie stehe für eine zeitgemäße, alltagsnahe Form von Kirche, in der Glaube und Gemeinschaft, Spiritualität und Kaffeegenuss, Andacht und Alltag auf neue Weise miteinander in Beziehung treten sollen. Die Cafédrale verstehe „sich als ´Schaufenster der Kirche in die Nachbarschaft´, als ein Ort für offene Begegnung, kulturellen Austausch, soziales Engagement und liturgische Tiefe“.
Offenes, identitätsstiftendes Ensemble
„Im Zentrum des Entwurfs steht die Idee, Kirche als offenen, durchlässigen Begegnungsraum zu denken“, ist in den Erläuterungen zum Entwurf des Büros Kraemer zu lesen. Als Begegnungsraum, „der die Geschichte des Ortes mit Blick auf die Zukunft weiterführt, um aus dem heterogenen Bestand ein offenes, identitätsstiftendes Ensemble zu formen, das die Gemeinde im Stadtteil sichtbar verankert und zugleich neue Impulse für das Quartier setzt“.
Ausgelobt hatte den Architektenwettbewerb, der zusätzlich einen städtebaulichen Ideenteil für den späteren Neubau einer Wohnanlage durch einen Investor im südlichen Grundstücksteil sowie eine Freiraumplanung umfasste, die Evangelische Begegnungsgemeinde Köln. Diese ist entstanden Anfang 2024 aus dem Zusammenschluss der Evangelischen Kirchengemeinde Köln-Mauenheim-Weidenpesch und der Evangelischen Immanuelkirchengemeinde Longerich. Zuvor schon hatte man sich in der Longericher Gemeinde angesichts der auch gesellschaftlich veränderten Rahmenbedingungen mit der Frage nach der Zukunft und Nutzung der Gebäude an der Paul-Humburg-Straße beschäftigt.
Gemeinde wollte unbedingt am Standort festhalten

Kann die Immanuelkirche erhalten oder umgebaut werden? Diese Frage bildete ein zentrales Thema ebenso der Fusion und ist es nach deren Vollzug geblieben. Trotz der Forderung von Gemeindegliedern, den Sakralbau in seiner jetzigen Form zu erhalten, musste dieses Frage letztlich mit „Nein“ beantwortet werden. Auch mit Blick auf Vorgaben der Landessynode der Evangelischen Kirche im Rheinland hinsichtlich der standardisierten energetischen Ertüchtigung vorhandener Gebäude konnte eine „finanzierbare Lösung“ nicht gefunden werden. Jedoch wollte die Gemeinde an ihrem Standort in Longerich unbedingt festhalten.
Freude über Sichtbarmachung der Vision der Gemeinde
Das Ergebnis des von ihr mit großer Zuversicht durchgeführten Wettbewerbs, so vermittelte es die Eröffnung der Ausstellung, kommt bei Gemeindegliedern / -vertretenden sehr gut an und stärkt deren Optimismus. „Wir freuen uns, dass sie die Vision, die wir hatten, sichtbar gemacht haben“, wandte sich etwa Pfarrerin Susanne Zimmermann an die Architekten Hans-Günter Lübben und Tobias Schewe aus dem Kraemer-Team. Ihr Dank galt ebenso den „anderen Büros, die uns so tolle Ideen geliefert haben, wie man so etwas umsetzen kann“.
Betreut wird die Gemeinde in diesem Verfahren extern von Wolf R. Schlünz – Projekte. Das in Bonn ansässige Büro ist spezialisiert auf die Entwicklung und Steuerung von Bauvorhaben religiöser und gemeinwohl-orientierter Institutionen. Dessen Leiter, Architekt Arthur Lingk, moderierte auch die Vernissage und stellte die eingereichten Entwürfe vor.
Bewertung des Preisgerichts des Siegerentwurfs
Dem Büro Kraemer gelinge „die Idee einer offenen und einladenden Kirche in besonderer Weise architektonisch umzusetzen“, startete Lingk seine Zusammenfassung der Jurybewertung des Siegerentwurfs. „Die Baukörper sind so gesetzt, dass sie sich eng mit dem Straßenraum verweben und eine abwechslungsreiche Abfolge von Höfen schaffen – Orte, die zur Begegnung und zum Verweilen einladen“. Damit werde nicht nur der Wunsch der Gemeinde nach einer stärkeren Sichtbarkeit im Stadtteil erfüllt. Es entstehe zugleich eine überzeugende Adresse für die Cafédrale.
„Besonders eindrucksvoll ist der Sakralraum“, bezog sich Lingk weiterhin auf das Preisgericht. „Durch die gezielte Lichtführung und die Einbindung der historischen Buntverglasung entsteht eine atmosphärische Tiefe, die spirituelle Qualität und räumliche Schönheit miteinander verbindet.“ Der Raum verspreche eine außergewöhnliche Innenraumqualität. Sie mache das Konzept der Cafédrale sinnlich erlebbar.
Verbindung von architektonischer Qualität, funktionaler Klarheit und spiritueller Ausstrahlung
„Auch die funktionale Klarheit des Raumprogramms ist hervorzuheben“, so Lingk. Die notwendigen Flächen seien sehr klar und übersichtlich gegliedert, sodass die unterschiedlichen Nutzungen sinnvoll zusammenwirkten. Das Preisgericht würdige diesen Entwurf insgesamt als einen besonders gelungenen Beitrag: Er verbinde architektonische Qualität, funktionale Klarheit und spirituelle Ausstrahlung in seltener Weise. Und schaffe damit die besten Voraussetzungen für die Realisierung der Cafédrale.
Lübben und Schewe gingen am Eröffnungsabend auf den siegreichen Entwurf und einzelne Themen ein. So habe man im Sinne eines Nachhaltigkeitskonzepts versucht, viele Gestaltungselemente und Zitate von der bestehenden Kirche „herüberzuholen in den neuen Ort“. Das reiche vom Beton-Recycling über die Wiederverwendung der historischen künstlerisch gestalteten Fenster bis hin zur Verarbeitung vorhandener Hölzer zu Hockern und Altarelementen. Lingk ergänzte, dass dies nicht nur die Identität des neuen Ortes stärke, sondern auch ein deutliches Zeichen für ressourcenschonendes Bauen setze.
Sichtbarkeit der Cafédrale und offene Geste des Gemeindeplatzes
Entwurfsverfasser Schewe nannte als Hauptgedanken „die Setzung der Gebäude“. Im Großen und Ganzen gehe es um die klare Abfolge der Plätze: Kirchhof, Gemeindeplatz und Kita-Hof. „Wir wollen die Häuser so positionieren, dass unter anderem der weiter bestehende Kindergarten geschützt ist, dass man möglichst kleine Tore hat und nicht hundert Meter Zaun“ benötige. „Wir wollen die offene Geste des Gemeindeplatzes zur Straße hin“, begründete er dessen großen Umfang. „Die Sichtbarkeit der Cafédrale war uns sehr wichtig“, begründete Schewe die Positionierung des Kirchturms an der Straße. Man habe großen Wert auf einen introvertierten Charakter des Sakralbereiches gelegt, so der Architekt. Dieser könne aber genauso geöffnet und mit dem Cafébereich des großen Saales der Cafédrale zusammengeschaltet werden. Ebenso könne er sich zum Platz und zur Terrasse hin öffnen. So werde eine gegenseitige Abschottung vermieden.
Das erfüllt die zuvor formulierten Vorstellungen der Gemeinde vom Raum- und Funktionsprogramm des Sakralbereiches: „Das architektonische Konzept folgt den Gedanken, Kirche (…) als durchlässiges, multifunktionales Beziehungsfeld zu denken. Sakralraum und Cafébereich sind miteinander verbunden und doch unterscheidbar. Die Räume lassen sich je nach Anlass öffnen, zonieren oder verwandeln – ohne spirituelle Würde oder alltagstaugliche Offenheit zu verlieren.“
Gastfreundschaft, Solidarität und Spiritualität miteinander verbinden
„Das Projekt ist in der Gemeinde entstanden und maßgeblich mitentwickelt worden“, betonte Susanne Zimmermann. Es solle ein spirituell-kultureller Ort entstehen, der Gastfreundschaft, Solidarität und Spiritualität miteinander verbinde. „Ein Treffpunkt für alle Generationen und Religionen in rheinischer Offenheit. Ein Ort, wo Genuss und Glaube, Glück und Kultur erlebbar werden können – und das geht nur zusammen und miteinander.“ Die Pfarrerin hofft auf eine große Strahlkraft nach außen, in die direkte Nachbarschaft, in den Stadtteil hinein. Menschen, die hier wohnten, seien eingeladen, den Ort mit zu beleben. Weiterhin wolle „man Kirche am Ort bleiben, Kirche nicht aus der Hand geben, sondern sie selbst weiterentwickeln, um sie neu und zeitgemäß erfahrbar zu machen“. Es gelte, andere, neue Formen des Gottesdienstes zu finden.
Der Wunsch nach einem öffentlichen Café mit Begegnungspotential in Longerich sei groß, weiß Susanne Zimmermann. Das Konzept „Café und Kirche in einem“ wolle neue, zeitgemäße Wege gehen. „Hier atmen Gäste und Gemeindeglieder auf bei gutem Kaffee, leckerem Kuchen und inspirierenden Worten“, so ihre Vorstellung. Sie besuchten Veranstaltungen, hielten Kaffeeklaaf, machten gemeinsam Musik oder arbeiteten im Co-Working-Cafédralen-Space an ihren Laptops. Angedacht seien ebenso Ausstellungen, Konzerte, Kinoabende, Meditationen und Andachten. Um verschiedene Modelle bereits verwirklichter Cafédralen kennenzulernen, sind laut Susanne Zimmermann Exkursionen geplant, beispielsweise nach Mainz-Drais.
In Mitwirkstätten werden Gestaltungsideen von Gemeindegliedern gesammelt
Die am folgenden Tag im Rahmen des Gemeindefestes durchgeführte zweite Mitwirkstatt zur Gestaltung der Cafédrale zog zahlreiche Interessierte mit vielen Ideen in die Immanuelkirche. „Sie waren erfreut, dass es nun konkrete Pläne für ein Projekt gibt, das große Zustimmung in Longerich findet“, so Presbyter Johannes Feyrer. Die Planungsgremien der Begegnungsgemeinde würden nun ihre Arbeit fortsetzen, die Pläne zusammen mit den Architekten konkretisieren und Verhandlungen mit solventen Partnern aufnehmen, so der Vorsitzende des Neubauplanungsausschusses.
Nun müsse das Presbyterium einen entsprechenden Beschluss fassen, so Susanne Zimmermann. Dieses, ist die Pfarrerin zuversichtlich, werde die Entscheidung des Preisgerichts mittragen und unterstützen. Zudem teilte sie ihre Hoffnung, dass nach vielen weiteren Schritten die Cafédrale in Longerich in ein paar Jahren realisiert sein könne.
Text: Engelbert Broich
Foto(s): Engelbert Broich
Der Beitrag Realisierungswettbewerb „Neubau Cafédrale Immanuel“: Ein Ort für Glauben, Gemeinschaft und neue Formen von Kirche erschien zuerst auf Evangelischer Kirchenverband Köln und Region.