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Preisverleihung der Chrismon-Gemeinde 2025: Köln doppelt ausgezeichnet – die „Schrägen Vögel“ singen

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Die Freude ist groß: Gleich zwei Initiativen aus dem Evangelischen Kirchenverband Köln und Region gehören zu den Preisträgern des Chrismon-Wettbewerbs 2025 – „Schräge Vögel“ in Junkersdorf und „Mütopia“ im Kirchenkreis Köln-Rechtsrheinisch. Beide Projekte zeigen auf ganz unterschiedliche Weise, wie Kirche heute nah an den Menschen, kreativ und zukunftsweisend gestaltet werden kann.

Kategorie Musik: Die „Schrägen Vögel“ bringen Generationen zusammen

Die Evangelische Dietrich-Bonhoeffer-Gemeinde in Junkersdorf wurde in der Kategorie Musik mit 2000 Euro ausgezeichnet. Ihr Projekt „Schräge Vögel“ ist ein generationsverbindendes Angebot: Gemeinsames Singen mit älteren Menschen, das nicht nur musikalisch, sondern auch menschlich Brücken schlägt.

Singen schafft Gemeinschaft und wirkt der Vereinsamung entgegen – das erleben die Mitglieder des Singkreises „Schräge Vögel“ jedes Mal aufs Neue. Vor zwei Jahren gegründet, steht der Kreis allen offen, die Freude am Singen haben – unabhängig von Vorerfahrung oder Stimme.

Geleitet wird der Chor von einer blinden Pianistin, die zusätzlich Akkordeon und Gitarre spielt. Jedes Lied kann sie mühelos in eine für ältere Stimmen passende Tonlage transponieren. Alle zwei Wochen treffen sich die Sängerinnen und Sänger im Gemeindehaus. Gesungen, gelacht – und in der Pause bei Kaffee oder Tee geplaudert wird dort in herzlicher Atmosphäre. Einige Teilnehmende werden von engagierten Ehrenamtlichen von zuhause abgeholt und wieder heimgebracht.

Der Singkreis ist über die Zeit zu einer kleinen musikalischen Gemeinschaft gewachsen. Auch öffentliche Auftritte gehören mittlerweile dazu – etwa beim Sommerfest im örtlichen Kloster, beim Fest der katholischen Kirche oder beim Weihnachtsbasar.

Ein Interview mit Heike Zeeh, Sozialarbeiterin Ev. Dietrich-Bonhoeffer-Gemeinde Junkersdorf:

Miriam Witt.
Miriam Witt.

Was hat Sie zur Idee Ihres Projekts inspiriert?

Heike Zeeh: Die Idee entstand aus der Erfahrung, dass alte Menschen sehr sehr gerne singen und aus verschiedenen Gründen am Chorsingen gehindert sind. Zum einen trauen sie sich nicht, vielleicht hat ein pädagogisch etwas ungeschickter Lehrer vor 70 Jahren gesagt „Du sei ruhig, du singst ja schief!!“, zum anderen werden alte Menschen aus guten Chören ab einem bestimmten Alter „rausgeschmissen“.  So hatte ich also eine stattliche Anzahl sangesfreudiger Senioren und Seniorinnen, die keine Heimat hatten.

Wie sind Sie auf den Namen gekommen?

Heike Zeeh: Da alte Stimmen natürlich nicht wie junge Stimmen klingen, sondern etwas knittrig oder schräg, war direkt der Name „Die schrägen Vögel“ geboren. Meine Intension war, eine Heimat zu schaffen für Menschen, die vielleicht allein oder einsam sind, die gerne singen, die keinen Druck und Ehrgeiz brauchen können, dafür Freude an Gemeinschaft schätzen und singen möchten wie der Schnabel gewachsen ist. Das war die Ausgangssituation.

Wie ist die Zusammenarbeit mit der blinden Chorleiterin Miriam Witt entstanden?

Heike Zeeh: Nun brauchten wir zu einem Chor noch eine Leitung. Durch eine Freundin kam der Kontakt zu Miriam Witt zustande, einer dunkelblinden Musikerin. Es war ein Wagnis, denn eine blinde Chorleiterin hatte ich bisher noch nie gesehen und konnte mir auch nicht vorstellen, dass sie einen Chor leiten kann. Wir haben es begonnen und Miriam Witt ist – mit etwas Unterstützung von sehenden Personen – eine fantastische motivierende fröhliche wertschätzende und äußerst musikalische Chorleiterin. Sie ist gewissermaßen ansteckend, denn wir haben mittlerweile über 30 Sänger und Sängerinnen. Da es ja ein Seniorenchor ist, fehlt der eine und die andere natürlich schon mal, das Alter fordert Tribute. Aber genau das ist das Schöne: man kann bei den Proben fehlen und es erzeugt weder Druck noch Frust, man steigt einfach wieder ein, wenn man genesen oder aus dem Urlaub zurück ist.

Welche Lieder singen Sie?

Heike Zeeh: Unser Repertoire geht von geistlichen Liedern über von Frau Witt selbst komponierten Liedern bis hin zu alten Schlagern, Kanons, Spirituals und Volksliedern – einfach alles, was Freude macht. Wir treten bei Gemeindefesten und in Gottesdiensten auf und würden sehr gern auch einmal zum Beispiel Altenheime, Krankenhäuser oder das Gefängnis beglücken.

Welche Reaktionen haben Sie bislang aus der Gemeinde oder Nachbarschaft erhalten?

Heike Zeeh: Die Reaktion aus der Gemeinde und der Umgebung ist rundherum positiv. Dass man „einfach so, wie man ist“ kommen darf, das lockt immer wieder Menschen an. Wir haben mittlerweile auch Nachbarn, die noch gar nicht richtig steinalt sind, im Chor dabei. Wir singen wirklich nicht glockenhell und rein, aber das verblasst hinter den fröhlichen und engagierten Gesichtern der Sänger und Sängerinnen bei Auftritten. Man bekommt sofort gute Laune, wenn man die „Schrägen Vögel“ sieht, die teils mit Rollator auf der Bühne stehen und aus fröhlicher Kehle die Lieder schmettern. Menschen in der Umgebung schätzen, dass alte Leute in dieser für alle offenen Gruppe eine zwanglose Gemeinschaft finden. Unsere Kirchengemeinde hat damit ein niederschwefliges Angebot geschaffen, das auch Menschen, die an sich keine „Vereinsmeier“ sind, aus den Wohnungen zu locken vermag. Keine Verpflichtung, kein Druck, kein Zwang – aber trotzdem bekommst du ein Lied aus der verpassten Probe zur Erbauung per Whatsapp geschickt wenn du zum Beispiel im Krankenhaus bist.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft Ihres Projekts – jenseits des Preisgeldes?

Heike Zeeh: Über den Preis hinaus, der sehr sehr wertgeschätzt wird und eine wunderschöne Anerkennung für die Arbeit von Miriam Witt ist, wünschen wir uns eigentlich hauptsächlich Gesundheit für alle, denn dann werden wir alle zwei Wochen freitags eine richtig schöne Zeit miteinander haben. Darüber hinaus wären Gelegenheiten toll, bei denen wir singen könnten, um Freude, Zuversicht und Dankbarkeit zu verbreiten. Klingt bisschen schwülstig, ist aber ganz genau wahr (lacht).

www.ev-in-junkersdorf.de

Text: APK
Foto(s): Heike Zeeh

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