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Pfarrerin Dr. Dorit Felsch als Leiterin der Evangelischen TelefonSeelsorge Köln verabschiedet

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Abschied in der Kartäuserkirche

Seit April 2017 leitete Pfarrerin Dr. Dorit Felsch die Evangelische TelefonSeelsorge Köln als Vakanzvertretung, ab 2019 in der entsprechenden Pfarrstelle. Nun wurde sie in einem Gottesdienst in der Kartäuserkirche verabschiedet. Superintendent Torsten Krall nahm die Entpflichtung vor. Ihm assistierten Pfarrerin und Supervisorin Miriam Haseleu sowie die Ehrenamtliche Andrea Schneider, die beide auch liturgisch mitwirkten. Für die exzellente wie vielfältige musikalische Gestaltung sorgte Michaela Wiskirchen mittels Klavier, Blockflöte und Orgel.

Wechsel in neue Leitungsaufgabe

Felsch wechselte bereits im Juni in die Leitung der Ausbildung Ehrenamtlicher in Seelsorge im Evangelischen Kirchenverband Köln und Region. Diesen Bereich verantwortet sie gemeinsam mit Pfarrerin Dagmar Schwirschke.

Ein Gottesdienst voller Dankbarkeit

Der Gottesdienst in der Kölner Südstadt, an dem zahlreiche der aktuell rund neunzig ehrenamtlichen Mitarbeitenden der Evangelischen TelefonSeelsorge Köln sowie Pfarrerin Charlotte Horn als Felsch’ Nachfolgerin teilnahmen, war bestimmt vom gegenseitigen Ausdruck von Dankbarkeit und Wertschätzung. In ihrer Begrüßung dankte Felsch unter anderem Superintendent Krall, dass er der TelefonSeelsorge Köln sichtbar und unsichtbar den Rücken freigehalten habe.

Psalm 42 als theologischer Leitfaden

Ihrer Predigt legte Felsch den auszugsweise vorgetragenen Psalm 42 zugrunde. Dabei setzte sie das Gehörte in Beziehung zur verantwortungsreichen Tätigkeit der Mitarbeitenden in der Telefonseelsorge.
„Was ist eigentlich Seelsorge?“ Diese Frage habe sie von auszubildenden Ehrenamtlichen manches Mal gestellt bekommen. Und immer habe sie in den letzten acht Jahren auch anderen gesagt: „Wir machen keine Beratung. Wir machen Seelsorge.“ Der Begriff „Seele“ sei schwer greifbar. Psalm 42 beginne mit den Sätzen: „Wie eine Hirschkuh nach Wasserbächen verlangt, so verlangt meine Kehle nach dir, Gott! Meine Kehle dürstet nach der Gottheit, nach dem lebendigen Gott.“

Die Stimme als Ort der Seele

„Meine Kehle“, so laute es in der am hebräischen Urtext sich orientierenden Übersetzung der Bibel in gerechter Sprache. „Meine Seele verlangt und dürstet nach Gott“ habe Luther übertragen. „Beide Übersetzungen sind richtig“, so Felsch. Denn das hebräische Wort Nefesh habe mehrere Bedeutungsfacetten. „Es steht für ein konkretes Körperteil: den Rachen oder die Kehle als Organ der Nahrungsaufnahme, der Atmung und der Stimme.“

Die Kehle verbinde uns in besonderer Weise mit unserer Umwelt. In der zweiten biblischen Schöpfungsgeschichte werde der Mensch dadurch zu einem lebendigen Wesen, dass Gott dem Menschen den Atem des Lebens in die Kehle einhauche. Die Nefesh werde zum Begriff für Lebenshunger und Lebensdurst, für „Lebenskraft, Lebendigkeit“ und „Leben“ selbst. „All das gehört zu dem, was wir mit ‚Seele‘ übersetzen. Die jüdisch-biblische Theologie trennt nicht zwischen ‚körperlich‘ und ‚geistig‘.“ In der alttestamentlichen Tradition gehöre beides untrennbar zusammen.

Ein Rückblick auf acht Jahre TelefonSeelsorge

„Meine Tränen sind mir zum Brot geworden Tag und Nacht.“ Diesen Satz aus dem Psalm würden die Ehrenamtlichen gut kennen. „Aus den vielen Gesprächen am Telefon – Tag und Nacht. Menschen, denen ihre Tränen zum Brot geworden sind – die Tränen rinnen also die Kehle herunter, die Tränen gehen in die Seele. Und Tag und Nacht seid ihr da und hört zu. Fühlt euch ein. Gebt Resonanz. Sucht nach Hoffnung und haltet das Dunkel aus“, so Felsch. „Das macht ihr ausschließlich mit der Stimme. Mit dem also, was aus der Kehle – aus der Seele – kommt. Seufzen und Weinen, auch schweigen, mal schreien und ganz viel reden – Äußerungen der Kehle, der Seele.“

„Es war etwas Besonderes für mich, acht Jahre lang Teil der Gemeinschaft der TelefonSeelsorge zu sein. Euch dafür ausrüsten und dabei begleiten zu dürfen, diese besondere Arbeit zu tun. Die Aufgabe, die ihr ehrenamtlich übernehmt, ist nicht ohne und sie fordert einiges“, führte Felsch aus. Naheliegend seien auch die Organisation und Leitung dieser Aufgabe nicht immer nur einfach, erinnerte sie an Punkte, „an denen wir uns gerieben haben“. Auch die erlebte Gemeinschaft und Solidarität habe viel mit der Seele zu tun: „mit gemeinsamem Lachen und Weinen. Dinge werden geteilt, die tief aus der Kehle kommen, die Seele berühren.“

Psalmen als Spiegel seelsorglicher Gespräche

„Den Psalmen ist nichts an menschlichen Gefühlen fremd. Alles kommt in ihnen vor und darf gesagt werden: Jubel und Dankbarkeit, Wut, Trauer, Resignation und Zweifel, Schmerz und Hoffnung, Glaube und Unglaube.“ Die Psalmen seien selbst ein Ausdruck des Lebensdurstes der Kehle-Seele. Der Verlauf des Psalms 42 habe sie in der Gottesdienst-Vorbereitung erstaunlich an ein Seelsorgegespräch erinnert. „Auf die erste große Klage der Not folgt eine Erinnerung an frühere, bessere Zeiten.“ In dieser Erinnerung sei die Zugehörigkeit und das Gesehensein von Gott spürbar.

Die Verfassenden der Psalmen hätten schon vor zweieinhalbtausend Jahren gewusst, was neuere Hirnforschung und Traumatherapie erklärten: „Die Vergegenwärtigung guter Erfahrungen wirkt auf das emotionale Gedächtnis und schüttet Glücks- und Beruhigungshormone aus – in das Blut, in die Seele.“ In der Traumatherapie und auch in der Trauerbegleitung spreche man aktuell vom „pendelnden Gespräch“. Dieses wechsele zwischen belastenden Erfahrungen und positiven Erinnerungen.

Positive Erinnerung löse die Not der Gegenwart nicht auf, so Felsch. Und manchmal komme die Frage nach Positivem viel zu früh. „Die Leugnung der existenziellen Not ist keine Lösung. Damit die Kehle, Seele Luft bekommt, muss sie klagen dürfen!“ Die berechtigte Klage brauche Raum und Resonanz. Dann könne am Ende etwas Leises, Vorsichtiges Neues aufblitzen. „Das Dürsten nach dem, was die Kehle-Seele nährt, hat noch kein Ende. Aber es gibt eine Ahnung davon, dass Gottesnähe, dass Lebenskraft wieder zu spüren sein werden.“

„Ein Psalm wie ein Telefonseelsorgegespräch. Oder eher umgekehrt: Telefonseelsorgegespräche im Sinne der Psalmen“, stellte Felsch fest. In der Rahmenordnung unserer Stelle stehe: „Für uns wird der verborgene Gott dort sichtbar, wo wir hinschauen und hinhören.“ Nichts weniger als das täten die ehrenamtlichen Mitarbeitenden. Felsch dankte ihnen dafür von ganzem Herzen. Dafür, dass „wir darin miteinander unterwegs waren“. Abschließend wünschte die Pfarrerin allen in der TelefonSeelsorge Köln Tätigen, „dass ihr den Segen erfahrt, der in dieser Arbeit liegt, und dass ihr angesichts neuer Strukturen und veränderter Bedingungen gut damit in die Zukunft gehen könnt.“

Ein persönlicher Dank von Superintendent Krall

Krall wiederum wandte sich vor dem offiziellen Akt der Entpflichtung mit sehr persönlichen Worten an seine Kollegin: „Du hast mir Freude bereitet mit deinem Tun.“ Das sage er im Namen vieler Menschen, „die hier sitzen oder woanders sind“. Im Namen auch ganz vieler Anrufer, „die vielleicht gar nicht wissen, dass es dich als Leiterin gegeben hat“.

„Du hast TelefonSeelsorge gelebt. Du hast wirklich dich ganz eingesetzt.“ Der Dienst am Telefon brauche großen Einsatz. „Und der Dienst im Hintergrund, in der Ausbildung, genauso“, konstatierte Krall. „Man begibt sich am Telefon auf unsicheres Gelände. Die Seelenlandschaften, in die man geführt wird, sind selten im Paradiesgarten, sonst würden die Menschen nicht anrufen.“ Da brauche es jemand im Hintergrund, der Halt geben könne. Jemand, der ganz viele Fäden im Hintergrund knüpfe, damit dann der eine Faden am Telefon gut geknüpft sei.

Würdigung für gelebte Seelsorge

„Für Menschen am Telefon braucht es Menschen im Hintergrund. Du hast dafür gesorgt, dass es euch gut geht“, würdigte er Felschs Einsatz. „Erstmal mit einer sehr guten Ausbildung, dann mit Supervision und allem was dazugehört.“ Als Krall die TelefonSeelsorge näher kennengelernt habe, habe ihn der hier herrschende Grad der Professionalität beeindruckt – obwohl es ja fast alles Ehrenamtliche seien. „Das ist vorbildlich. Es gibt es an wenigen Stellen in unserer Kirche, dass Ehren- und Hauptamt so zusammenwirken auf so einem Niveau. Mit ganz viel Einsatz, ganz viel Überlegen, mit ganz viel Herz und Kopf.“

Felsch habe sich mit allem, was sie ausmache, eingebracht in die Telefonseelsorge: „Und das ist sehr viel. Du bist oft sehr schnell, sehr engagiert, mit Herz und Verstand immer dabei.“ Sie habe sich ebenso engagiert über diesen Kreis hier hinaus. „Du warst im Fachvorstand der TelefonSeelsorge Deutschland und hast auch in der Landeskirche einiges für die TelefonSeelsorge geleistet. Ich denke, dass die TelefonSeelsorge Köln so gut aufgestellt ist, das liegt zum großen Teil an Dir. Das liegt an ihnen“, richtete Krall sich an die Ehrenamtlichen, „aber auch an dir“, betonte er. „Heute ist auch der Augenblick, dass es dir gesagt sein darf.“

„Wir machen Seelsorge, wir machen keine Beratung.“
Das sei ein Unterschied, meinte Krall, „weil da immer noch jemand dabei sei, den wir mit uns haben, die uns unterstützen, die uns Kraft geben. Und auch das hast du gelebt: zu wissen, von welchen Quellen wir uns eigentlich nähren, wenn unsere Kraft mal ausgeht. Genau das wünsche ich dir, dass du diese Geistkraft, die im Psalm steckt, weiterträgst, dass sie dich weiter begleitet.“

Text: Engelbert Broich
Foto(s): Engelbert Broich

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