Angesichts der bundesweiten Berichterstattung über das Kölner Fairnessabkommen nehmen wir zur medialen Debatte Stellung.
Alle Themen, die die Menschen vor Ort bewegen und zu denen sich politische Akteure verhalten, gehören in den Wahlkampf. Der Streit um Meinungen und Konzepte ist eine Stärke der Demokratie.
Das Fairnessabkommen, das die demokratischen Parteien Kölns seit 25 Jahren zu Wahlen aus Überzeugung abschließen, trägt Sorge dafür, dass bei dieser Auseinandersetzung die Menschenrechte und die Menschenwürde aller Betroffener gewahrt werden. Die Ombudsleute sind dabei seit jeher eine Werteinstanz. Sie mahnen zur Einhaltung der vereinbarten Werte. Für die Einhaltung dieser Werte sind die Parteien selbst verantwortlich.
Über einen möglichen Verstoß gegen das Abkommen wird zuerst intern beraten und die Klärung mit denen, denen ein Verstoß vorgeworfen wird, gesucht. Die Bewertung erfolgt durch die unabhängigen Ombudsleute. Ein etwaiger festgestellter Verstoß gegen das Abkommen kann zusammen mit dem Runden Tisch öffentlich gemacht werden.
Wir widersprechen klar und eindeutig den rechtspopulistischen in Medien wahrheitswidrig verbreiteten Behauptungen, das Fairnessabkommen tabuisiere die Debatte über die Themen Flucht und Migration im Kommunalwahlkampf:
Die Stellungnahme der Ombudsleute vom 22.8.25 belegt das Gegenteil zur aktuellen Anfrage.
„Uns ist es ein wichtiges Anliegen, bei einer sehr hitzig geführten Debatte rund um die Großunterkunft für Geflüchtete im Agnesviertel, mit Ruhe und Sorgfalt zu prüfen, ob es Verstöße gegen das vom Runden Tisch für Integration initiierte Fairnessabkommen gegeben hat, zu dem sich die demokratischen Parteien Kölns verpflichtet haben. Sie haben zugesagt, nicht auf Kosten von Menschen mit Migrationshintergrund Wahlkampf zu betreiben, also mit den Themen Migration und Umgang mit Geflüchteten sachlich und respektvoll umzugehen. Das bedeutet, im Diskurs würdevoll von Migrantinnen und Migranten zu sprechen.
Es bedeutet nach unserer Auffassung nicht, dass über die Gestaltung und den Ort der Unterbringung Geflüchteter in unserer Stadt keine politische Auseinandersetzung stattfinden darf. Das Thema beschäftigt Bürgerinnen und Bürger, und es findet dazu seit langer Zeit insbesondere im betroffenen Stadtteil eine kritische Auseinandersetzung statt. Es gehört zur demokratischen Auseinandersetzung, dass sachbasiert Lösungswege für strittige Themen diskutiert werden, dazu dient auch der Wahlkampf. Wenn demokratische Parteien hierzu unterschiedliche Positionen haben, dann ist das Ausdruck der Meinungsvielfalt, die unsere Demokratie auszeichnet.
Nach der Fairnessverpflichtung ist im Wahlkampf darauf zu achten, dass der Streit nicht auf Kosten geflüchteter Menschen erfolgt. Eine Herabwürdigung geflüchteter Menschen findet sich im fraglichen Flyer nach unserer Einschätzung an keiner Stelle. Die Aufgabe, in unserer Stadt eine würdige Unterbringung geflüchteter Menschen in einer Erstaufnahmeeinrichtung zu gewährleisten, wird zudem nicht infrage gestellt. Insofern liegt nach unserer Auffassung kein Verstoß gegen das Fairnessabkommen vor.
Intern hat uns die CDU Köln auf Nachfrage ausführlich, nachvollziehbar und glaubwürdig erläutert, wie es ihr in der politischen Auseinandersetzung um die Strukturen der Aufgabenbewältigung geht, nicht um Personen. Die Partei möchte zum Wohle geflüchteter Menschen eine andere, dezentrale Art der Unterbringung erreichen. Man kann kritisieren, dass dies im fraglichen Flyer nicht klar genug wird, dass keine ausreichende Transparenz über die Rahmenbedingungen, die Trägerschaft und die Interimsaufgabe der geplanten Einrichtung im Gebäude am Reichensberger Platz hergestellt wird und manche Formulierungen missverständlich sind. Das haben wir den Verantwortlichen auch so mitgeteilt.
Wir bitten alle Parteien darum, dass bei der weiteren politischen Auseinandersetzung möglichst differenziert argumentiert und kommuniziert wird und der Grundsatz stets beachtet wird, dass dabei die Würde geflüchteter Menschen nicht gefährdet werden darf.“
Wolfgang Uellenberg van Dawen, Sprecher Runder Tisch
Bernhard Seiger, Stadtsuperintendent
Gregor Stiels, Vorsitzender Katholikenausschuss Köln
Ferner hat der Sprecher des Runden Tisches für Integration aufgrund der vielen Nachfragen eine Liste mit Antworten auf häufig gestellte Fragen erstellt. Diese veröffentlichen wir hier:
Das Fairnessabkommen des Kölner Runden Tisches für Integration mit den demokratischen Parteien
Ist das Fairness Abkommen ein Kartell der Alt Parteien, um die Diskussion über Migranten und Flüchtlinge zu verhindern?
Nein! Das Gegenteil ist der Fall: CDU, SPD, Die Linke, FDP, Grüne und Volt nehmen in ihren Wahlprogrammen zu Fragen von Flucht und Migration Stellung. Sie schließen das Fairness Abkommen mit dem Kölner Runden Tisch ab, um dafür im Wahlkampf einen Rahmen zu haben, der ermöglicht, dass alle Themen fair angesprochen werden können. Das Grundgesetz schützt die Würde aller Menschen ob mit oder ohne deutschen Pass. Wenn über Eingewanderte und Geflüchtete diskutiert wird, müssen sie auch respektiert werden.
Gibt es im Fairness Abkommen Diskussionsverbote?
Nein! Die Parteien verpflichten sich nur, nicht auf Kosten der unter uns lebenden Menschen mit Migrationshintergrund Wahlkampf zu betreiben und inhaltlich fair zu bleiben. Parteien kämpfen um die Macht und stellen die Weichen für das Leben der Menschen in Köln. Darum haben sie auch die Verpflichtung die tatsächlichen Sorgen und Probleme der Bevölkerung zu nennen.
Zu wenig Kita Plätze, zu lange Wartezeiten auf die KVB. Kürzungen zu Lasten des Sozial- Bildungs- und Kulturhaushaltes, aber besonders der Wohnungsmangel – das sind die Probleme der Menschen. Die Kommunen brauchen mehr Geld von Land und Bund. Wer für alles die Geflüchtete und Eingewanderte verantwortlich macht, schließt die Augen vor den tatsächlichen Ursachen von Problemen und Missständen.
Schreibt das Fairness Abkommen vor, wie Menschen über die Probleme mit „Ausländern“ reden dürfen?
Wie Menschen über die Menschen mit Migrationshintergrund reden, das steht nicht im Fairness Abkommen. Wer Vorurteile und Ängste hat oder einfach so redet, wie er oder ihr der Schnabel gewachsen ist, bleibt ihm überlassen. Aber zur Demokratie gehört Respekt und darum sollen Parteien Vorurteile auch nicht in den eigenen Reihen dulden. Schon 42 Prozent aller Menschen in Köln kommen aus Familien, die hier eingewandert sind. Wir alle gemeinsam sind Köln.
Werden die Sorgen und die Ängste der Menschen ausgeklammert?
Nein! Im Abkommen werden negative gesellschaftliche Entwicklungen wie die Arbeitslosigkeit oder die Gefährdung der inneren Sicherheit ausdrücklich genannt:
Dass Migrantinnen und Migranten den Deutschen die Arbeit wegnehmen- davon spricht heute keiner mehr. Im Gegenteil ohne die Arbeit von Migrantinnen und Migranten könnten die Krankenhäuser und Pflegeheime keine Patienten aufnehmen, viele Betriebe stünden still, Onlinebestellungen wären nicht mehr möglich, weil niemand sie ausliefert. Parteiübergreifend wird die Einwanderung von Fachkräften gefordert. Aber wenn weiter Stimmung gegen Eingewanderte und Geflüchtete gemacht wird, werden nur wenige kommen.
Wie ist das mit der Kriminalität und der Sicherheit? Ducken sich die Parteien dabei weg, obwohl die Menschen Angst haben, auf die Straße zu gehen.
Wenn alle „Ausländer“„kriminell“ wären, gehörten 40 Prozent der Einwohner Kölns dazu. Auch Menschen mit internationaler Familiengeschichte begehen Straftaten. Je mehr in Köln leben, desto höher ist auch ihr Anteil an Straftaten etwa bei jungen Männern. Aber oft werden Menschen häufiger verdächtigt, weil sie fremd aussehen. Darum sagt die Kriminalstatistik wenig aus, da sie nur die Strafanzeigen benennt, aber nicht die die Zahl der von den Gerichten verurteilten, Und die ist weit geringer. Ängste und Unsicherheit können die Parteien und auch der Runde Tisch niemand nehmen. Aber es ist eine Aufgabe der Politik präventiv für Sicherheit und sorgen. Darum muss man die gesellschaftlichen Ursachen von Kriminalität wie zerrüttete Familienverhältnisse, Gewalt, mangelnde Perspektiven usw. angehen.
Was geschieht bei Verstößen gegen das Abkommen?
Wenn sich jemand beim Runden Tisch beschwert, werden zwei Schiedspersonen mit der Beschwerde befasst. Die sollen darüber entscheiden, ob das Abkommen verletzt wurde. Die Parteien haben sich damit einverstanden erklärt, dass die Schiedsleute – derzeit von der katholischen und evangelischen Kirche – mit dem Runden Tisch dann einschreiten können. Sie können dazu auffordern, etwa einen Flyer nicht mehr zu verteilen oder ein Plakat abzuhängen. Aber das war bisher, also seit 1998, noch nicht der Fall.
Wird die AfD ausgegrenzt?
Für den Kölner Runden Tisch sind Menschenwürde und Menschenrechte die Grundlage der Auseinandersetzung auf dem Boden des Grundgesetzes. Das Grundsatzprogramm der AfD und ihre aktuelle Forderung nach Remigration und massenhaften Abschiebungen (Björn Höcke) ist das Gegenteil von dem, wofür der Kölner Runde Tisch für Integration steht. Darum laden wir die AfD nicht ein, dem Fairnessabkommen beizutreten.
Dazu sagt der Spitzenkandidat der AfD in Köln Mathias Büschgens im Nachrichten Portal NIUS am 26. August: Die AfD würde „das Abkommen „niemals unterzeichnen“ – es würde „unseren Grundsätzen widersprechen und unsere Überzeugungen verraten“.
Was ist der Runde Tisch für Integration
Der Kölner Runde Tisch für Integration diskutiert seit 1991 viermal im Jahr auf seinen Plenen und zu den Wahlen in öffentlichen Veranstaltungen über alle Themen von Flucht und Migration. Von Aufenthalt bis zum Spracherwerb, von der Wohnungssuche bis zum Kita Platz, von den Regeln des Zusammenlebens bis zur sozialen Ungleichheit und natürlich auch über Sicherheit und Kriminalität. Unser Adressat sind Politik und Stadt sowie Parteien und gesellschaftliche Organisationen. www.rundertischkoeln.de
Verantwortlich: Wolfgang Uellenberg van Dawen, Sprecher des Kölner Runden Tisches für Integration
c/o Kölner Flüchtlingsrat
Herwarthstr. 7
50672 Köln
Text: Erklärung des Sprechers des Kölner Runden Tisches für Integration und der Ombudsleute für das Fairnessabkommen mit den Parteien zum Kommunalwahlkampf 2025
Foto(s): APK/Archiv
Der Beitrag Erklärung des Sprechers des Kölner Runden Tisches für Integration und der Ombudsleute für das Fairnessabkommen mit den Parteien zum Kommunalwahlkampf 2025 erschien zuerst auf Evangelischer Kirchenverband Köln und Region.