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Unsere Archivale für Oktober: Benjamin Wadenpohl gibt Einblicke in seine Tätigkeit als studentische Hilfskraft im Archiv des EKV

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Benjamin Wadenpohl schätzt die vielseitigen Aufgaben: Von der Sichtung historischer Nachlässe bis zur Digitalisierung aktueller Bestände liegt alles in seiner Hand.

Archive bewahren Zeugnisse der Vergangenheit und machen Geschichte erfahrbar. Doch was bedeutet das konkret? Ein studentischer Mitarbeiter nimmt uns mit in seinen Arbeitsalltag und zeigt: Archive sind mehr als nur Orte der Aufbewahrung. Sie sind Fenster in die Vergangenheit und wichtige Gedächtnisspeicher für Kirche und Gesellschaft.

„Du arbeitest jetzt im Archiv?“

„Was machst du da eigentlich? Ist das nicht langweilig?“ Diese Fragen wurden mir oft gestellt, seit ich als studentische Hilfskraft im Archiv des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region (EKV) angefangen habe. Wenige haben eine genaue Vorstellung vom Archivwesen, und manche denken sogar, ich arbeite in einer Bibliothek. Das plakative Bild des Archivars, der in irgendeinem dunklen Keller sitzt, in staubigen Akten stöbert und keinen Kontakt zur Außenwelt hat, ist wohl auch in meinem Umfeld gut verbreitet. Zugegebenermaßen wusste ich selbst auch nicht so recht, was mich erwartet, bevor ich anfing, mich mehr mit dem Archivwesen auseinanderzusetzen.

Archivarbeit ist mehr als Staub und Aktenordner

Den Entschluss, mich beim Evangelischen Kirchenverband Köln und Region als studentische Hilfskraft im Archiv zu bewerben, fasste ich in einer Zeit, in der ich den Drang verspürte, Berufsfelder kennenzulernen, die mehr mit meinem Studienfach Geschichte zu tun haben. Theoretisch hätte ich auch weiterhin im pädagogischen Bereich arbeiten können, wie in den vergangenen Jahren, was mir als angehender Lehrer sehr viel gebracht hätte. Aber ich wollte die Zeit des Studiums nutzen, um im Umgang mit historischen Inhalten praktische Erfahrungen in anderen Berufsfeldern zu sammeln. Das Interesse und die Neugier an Berufen, die sich aktiv mit historischen Inhalten beschäftigen, waren ausschlaggebend für meine Bewerbung beim EKV.

Die Tätigkeit im Archiv ist tatsächlich vielseitiger, als ich gedacht hatte. Es ist eine gesunde Mischung aus Schreibtisch- und körperlicher Arbeit. Es gibt so gut wie keinen Tag, an dem ich acht Stunden am Stück vor dem Bildschirm sitze und in die Tastatur tippe. So ergibt sich meist eher ein abwechslungsreicher Tag, an dem ich viele unterschiedliche Aufgaben erledige. Zum einen dokumentiere ich den Inhalt, die Laufzeit und den Zustand verschiedener Bestände. Zum anderen bereite ich die Kassation, also Entsorgung, von Dokumenten vor, denn nicht alles kann und soll dauerhaft im Archiv untergebracht werden. Außerdem arbeite ich mit einer speziellen Software und unterstütze das Archiv im Prozess der Digitalisierung. Gelegentlich kommen zudem kleinere Rechercheaufgaben sowie interessante Außentermine und Botengänge dazu. Mein Arbeitsplatz ist hell und im Erdgeschoss. Ich arbeite nicht allein, sondern habe viele nette Kolleginnen und Kollegen, und in regelmäßigen Abständen kommen Besucherinnen und Besucher, die das offene Angebot des Archivs für Recherchen nutzen wollen.

Ein ganz wichtiges Element im Archivwesen ist Ordnung: Alles muss seinen Platz haben, muss nachvollziehbar, gut zu finden und erreichbar sein. Die Ordnung in den drei Magazinen unseres vergleichsweise kleinen Archivs beizubehalten, erfordert ein wenig Anstrengung, aber das Tragen, Verräumen und Transportieren der Kartons ist nach zwei Stunden am Computer eine erfrischende Abwechslung. Außerdem befriedigt es den „inneren Monk“, zu sehen, dass alles in nachvollziehbarer Reihenfolge an Ort und Stelle ist.

Geschichte begreifen – vom Nachlass bis zur Digitalisierung

Eine meiner ersten Aufgaben war die Sichtung und Dokumentation eines Nachlasses. Dieser Nachlass beinhaltete das gesamte Lebenswerk einer Person: die Arbeit, die Forschungen und teilweise auch das Privatleben waren in diesen nicht wenigen Kartons gesammelt und gaben mir einen einzigartigen Einblick in das Leben eines Menschen, den ich nie kennengelernt habe, durch die ich aber sehr viel kennenlernen konnte. Insbesondere die Sammlungen an Artikeln, Aufsätzen, Bildern und Notizen zu den Themenbereichen Geschichte, Genealogie, Kartographie oder Heraldik waren für einen Geschichtsstudenten extrem interessant, und so hielt ich mich häufig länger auf einer Seite auf, als zwingend notwendig. Auch andere Bestände, die ich verzeichnet habe, boten einen Einblick in die Vergangenheit, der einem in dieser Form woanders nicht möglich wäre. So stolperte ich gelegentlich über ganz alltägliche Spuren des Nationalsozialismus, wie beispielsweise Zeugnisse oder Urkunden, die mit einem Hakenkreuz versehen waren, was in dieser dunklen Episode der deutschen Geschichte leider absolute Normalität war. Dadurch bekommt man ein ganz anderes, feineres Gefühl für historische Zusammenhänge und die Lebensrealitäten der Menschen in dieser Zeit, die zum Beispiel im Studium nur relativ oberflächlich thematisiert werden können.

Zeugnisse bewahren heißt Erinnerung lebendig halten

Am Archivwesen fasziniert mich am meisten, dazu beizutragen, dass Zeugnisse der Geschichte die Zeit überdauern und immer wieder als Fenster in die Vergangenheit genutzt werden können. Vieles von dem, was wir über unsere Geschichte wissen, verdanken wir den Menschen, welche die Überlieferung der Zeugnisse ermöglicht haben. Je weiter man in der Geschichte zurückblickt, umso unklarer werden die Spuren, also ist es schon heute wichtig, das Bild der Vergangenheit und Gegenwart in Archiven festzuhalten und der Forschung sowie interessierten Personen zugänglich zu machen. Was nicht archiviert wurde, wird im Laufe der Zeit verloren gehen.

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Text: Benjamin Wadenpohl
Foto(s): Stefanie Sternemann

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