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Christuskirche am Stadtgarten in Köln: Ausstellung „Apokalypse – Klaffende Höhe“ von Ursula Molitor und Vladimir Kuzmin

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Mit dem provokanten Begriff „Apokalypse“ ist eine Kunstausstellung betitelt, die von der Evangelischen Kirche im Rheinland (EkiR) in sechs Kirchen durchgeführt wird: Düsseldorf, Essen, Köln, Mönchengladbach, Saarbrücken und Trier. Initiiert und geplant hat das Projekt der achtköpfige Beirat Kunst und Kirche der Landeskirche. Beteiligt sind sieben Künstlerinnen und Künstler. Ursula Molitor und Vladimir Kuzmin bespielen mit dem herausfordernden mehrteiligen Werk „Klaffende Höhe“ die Christuskirche am Stadtgarten in Köln.

Im Mittelpunkt der langjährigen künstlerischen Kooperation von Molitor & Kuzmin steht „das Licht als formales und inhaltliches Kriterium“: „Unsere Kunst erinnert daran, dass selbst in den tiefsten Abgründen noch ein Funke Hoffnung brennen kann, dass das Licht des Lebens selbst in der Dunkelheit leuchtet und den Weg zur Erneuerung weist.“

„Eingezwängtes Licht“ und „Schimmer der Hoffnung“

Die Aussage und Wahrnehmung von Licht beziehungsweise Dunkelheit und deren Abhängigkeit spielen auch in ihrer aktuellen Arbeit eine zentrale Rolle. Im sakralen Kirchraum begegnen Besuchende einer Installation, in der das Licht laut des Kölner Künstlerduos folgende Bedeutung hat: „Das Licht ist mit schweren dunklen Tauen eingezwängt, es wirkt hoffnungslos und gefesselt. Ein Objekt zeigt jedoch Spuren des Lebens. Das ist uns wichtig. Ein pulsierendes Licht – wie der menschliche Atem. Licht hat generell immer etwas Positives. Aber hier geht es um die Apokalypse – im ersten Gedankengang um die absolute Katastrophe. Das durchdringende Licht bringt jedoch einen Schimmer der Hoffnung, sodass nicht alles verloren scheint.“

Apokalypse steht für Hoffnungsperspektive

Im Vorwort zum begleitenden Katalog weist der Beiratsvorsitzende Dr. Frank Vogelsang darauf hin, dass nach christlichem Verständnis das Wort Apokalypse für eine Hoffnungsperspektive steht. Die Installation zeigt, „wie fruchtbar die Auseinandersetzung der Kunstschaffenden mit der Perspektive der Apokalypse ist. Im Mittelpunkt steht die Frage, wie auch heute angesichts der bedrohlichen Entwicklungen unserer Zeit eine Perspektive der Hoffnung aufrechterhalten bleiben kann!“

Beiratsmitglied Stephan Dedring schreibt: „Theologisch ist Apokalyptik etwas anderes als Weltuntergang und Endzeitrhetorik: Menschen deuten das Leben und Gott so, dass wir auch angesichts schlimmster Entwicklungen der Welt darauf setzen dürfen, dass Gott als Schöpfer der Welt auch ihr Retter ist und bleibt. Damit werden wir getröstet und ermutigt, auch durch die aktuellen Krisen hindurch – und nicht an ihnen vorbei! – mutig und handlungsfähig zu bleiben.“

„Eine absolute Herausforderung“

Für Molitor und Kuzmin bedeutet das Thema Apokalypse „eine absolute Herausforderung“. „Es ist dramatisch, und es bleiben Fragen zu diesem Thema.“ „Klaffende Höhe“ hätten sie als Untertitel gewählt. Dieser sei als zweite Botschaft zu verstehen: „Es ist nicht alles nur eindeutig. Höhe kann faszinieren und birgt ebenso die Gefahr des absoluten Absturzes in die klaffende Tiefe.“

Eröffnung der Ausstellung in der Christuskirche

„Für uns ist es ein Superevent, so lange so hochwertige Kunst in unserer Kirche zu haben, ein Spiel aus Dunkelheit und Licht“, leitete Pfarrer Christoph Rollbühler die Vernissage im Gemeindesaal der Christuskirche ein. Im zuvor gehaltenen Gottesdienst war man bereits intensiv auf das Thema Apokalypse und das Werk von Molitor & Kuzmin eingegangen, sowohl in der Predigt von Vikar Ingmar Wienen als auch mit thematischen Fragen an die Kunstschaffenden. Die Aufführung des mehrteiligen Musikstücks „Warum“ von Shoko Shida empfand die Gemeinde als große Bereicherung. Die seit Langem als freischaffende Komponistin in Köln lebende Japanerin saß dabei selbst am Flügel.

„Warum das Thema Apokalypse?“

Dr. Frank Vogelsang setzte in der Eröffnung zunächst einen Akzent zur Frage: „Warum machen wir das Thema Apokalypse?“ Vikar Wienen habe in seiner Predigt schon viel vorweggenommen, ließ der Direktor der Evangelischen Akademie im Rheinland wissen. „Das Thema haben wir im Beirat eine Zeit lang in uns arbeiten lassen.“ Ein solches aufzunehmen, sei nicht selbstverständlich. „In der Predigtpraxis kommt es eigentlich so gut wie nicht vor.“ Und wer liest schon das letzte Buch der Bibel? Doch man habe gedacht, so Vogelsang, dass die Offenbarung des Johannes oder die Apokalypse einen Impuls geben könne. „Und heute ist es wunderbar gelungen, durch die Predigt, dass wir mit vielen Zitaten, im Übrigen vielen aus biblischen Texten, noch einmal wahrgenommen haben, was dieser Text eigentlich ist.“

„Das Gute obsiegt, auch wenn es nicht den Anschein hat“

„In der populären Kultur ist Apokalypse Weltuntergang“, stellte Vogelsang in einer ersten Bemerkung fest. „Wenn man sagt, etwas ist apokalyptisch, dann meint man, das ist jetzt ganz und gar pessimistisch.“ Da gehe es um Zerstörung, dass etwas kaputtgeht, dass es keine Zukunft habe. „Die biblischen Texte sind davon definitiv zu unterscheiden“, betonte er. „Die große Intention ist gerade Hoffnung angesichts der widrigen Kräfte, angesichts des Zerstörerischen. Das Gute hält durch.“ Vogelsang nannte einen weiteren, dem Beirat sehr wichtigen Akzent: „Das Gute obsiegt, auch wenn es nicht den Anschein hat. Das fordert eine andere Hoffnung, als die Hoffnung, die wir vielleicht landauf, landab ganz schnell artikulieren können, wenn es denn hoffentlich gut ausgeht.“ Das sei eine andere Hoffnung, eine tiefere, ernstere und auch ein bisschen widerständigere. Eine Hoffnung, die sozusagen in den Widerspruch gehe. Eine trotzige Hoffnung, die gegen die Kräfte, die scheinbar siegten, dennoch aufrecht gehalten wird.

Dieses Über die Kunst noch mal definieren zu können, sei das Anliegen des Beirates, erläuterte Vogelsang. „Dafür können wir sehr dankbar sein.“ Wenn man mit Worten vielleicht nicht weiterkommt, hilft die Kunst uns, diese Dinge noch einmal erfahrbarer zu machen. „´Klaffende Höhe´ – Licht, das durch starke Taue hindurchdringt.“ Das könne man in Worten nicht so leicht sagen. Aber man könne es erleben. „Man kann sich einlassen auf die Installation von Ursula Molitor und Vladimir Kuzmin. Man kann lernen, was es heißt, diese Hoffnung durchzuhalten gegen die scheinbar starken Taue, die alles einpressen. Gegen die Tiefen, gegen das Schwarze, das so ungründig ist und so scheinbar ins Leere läuft“, beschrieb Vogelsang. „Das war unser Anliegen“, freute er sich, dass es auch in der Installation in Köln ganz wunderbar funktioniere.

Großes Spektrum der künstlerischen Umsetzung

Das Gesamtprojekt setzt sich zusammen aus Arbeiten an sechs Standorten in der großen und langen rheinischen Landeskirche, von Essen bis Saarbrücken, skizzierte Projektleiterin Katrin Winter. Deren Besonderheit sieht Winter in dem von den Beteiligten gewählten unterschiedlichen Zugang. Insgesamt sprach sie von einem großen Spektrum der jeweils eigenen Annäherung und Öffnung gegenüber dem gestellten Thema und schließlich der künstlerischen Umsetzung. „Fühlen Sie sich in jeder Kirche begrüßt von der Kunst“, lud Winter zum Besuch aller Ausstellungsorte ein.

Radikalste und vielleicht provokanteste Arbeit

Holger Hagedorn dankte Pfarrer Christoph Rollbühler und dem Team der Christuskirche für die tolle Kooperation. Der Künstler und Kurator hatte Molitor und Kuzmin diesen sakralen Raum vorgeschlagen. Hagedorn glaubt, dass die beiden in der Sechser-Reihe „die radikalste und vielleicht provokanteste Arbeit geschaffen haben“. Er sei sich sicher, dass bei Besuchern auch Fragen aufkämen wie beispielsweise: „Was ist da für ein Müll hingelegt worden? Dass etwa diese Seile kunstvoll eingefärbt wurden und keineswegs irgendwo gefunden sind, das sieht man ihnen nicht zwangsläufig an“, meinte Hagedorn. Sie tarnten sich ja ein wenig. „Oder wie viel Arbeit dieser kunstvolle Zinkblechboden gemacht hat, durch den die Lichtlinie verläuft.“ Die zahlreichen Details müsse man sich erst einmal sorgsam erarbeiten.

„Es ist keine rein depressive Arbeit. Aber sie hat schon eine gewisse provokante Note oder Düsternis“, stellte der Kurator fest. Sie bilde „ein Symbol des Lichts, das versteckt ist, das gefangen ist, das aber trotzdem herausleuchtet. Also die Hoffnung ist da!“ Hagedorn dankte den beiden Urhebern sehr herzlich für eine so radikale und intensive Arbeit. „Je später der Abend, umso eindrucksvoller wird das Licht leuchten“, findet Hagedorn es „toll, (…) dass eine solche Auseinandersetzung hier möglich ist.“

„Hoffnung ist das große Thema“

„Ich glaube, Hoffnung ist das große Thema für die nächsten Jahre“, formulierte abschließend Christoph Rollbühler. „Und Hoffnung geht nicht bodenlos, weil sie sonst lapidar wird.“ Damit es leuchtet, brauche es sozusagen – klassisch – die Dunkelheit. „Es braucht die Dunkelheit auch in uns, damit wir Hoffnung überhaupt empfinden und ausstrahlen können.“ In diese Richtung gehe die Arbeit von Molitor und Kuzmin, denen er seinen großen Dank aussprach.

Ausstellungsdauer

Die Ausstellung in der Christuskirche, Dorothee-Sölle-Platz 1, ist bis einschließlich 1. Oktober 2024 geöffnet: dienstags von 10 bis 14 Uhr und samstags von 16 bis 18 Uhr. Die Finissage in Anwesenheit der Künstler findet am Sonntag, 29. September um 19.30 Uhr statt.

Der Beirat Kunst und Kirche in der EKiR

„Die Evangelische Kirche im Rheinland initiiert und plant regelmäßig Ausstellungen. Gemeinsam mit Künstlerinnen und Künstlern geht sie auf die Suche nach Inspiration für ein gelingendes Leben, nach Bewegung, nach Veränderungen, nach Licht im Dunkeln. Und zwar nicht begrenzt auf den Raum der Kirche selbst – sondern über sie hinaus in den gesellschaftlichen Raum hinein.“

Text: Engelbert Broich
Foto(s): Engelbert Broich

Der Beitrag Christuskirche am Stadtgarten in Köln: Ausstellung „Apokalypse – Klaffende Höhe“ von Ursula Molitor und Vladimir Kuzmin erschien zuerst auf Evangelischer Kirchenverband Köln und Region.